Oktoberfestattentat:

Beratungsstelle lässt Betroffene zu Wort kommen


Anlässlich der Einstellung der Ermittlungen zum Oktoberfestattentat vom 26. September 1980 veröffentlichte die Opferberatungsstelle Before am Mittwoch folgende Stellungnahme:

(…) Jahrelang hatten Betroffene, Journalisten und Rechtsanwälte dafür gesorgt, dass die Fragen nach den nie aufgeklärten Hintergründen der Tat nicht in Vergessenheit gerieten.

Von den Ermittlungen ist die Betroffene Renate Martinez enttäuscht: »Ohne Druck von außen haben die Behörden wenig getan, von allein passierte da nichts. Hätten LKA und Bundesanwaltschaft nicht derart nachlässig gearbeitet und Beweismittel vernichtet, wären wir heute nicht in dieser Lage. Es ist äußerst bedauerlich, dass die Untersuchungen jetzt enden, ich hatte weiter auf Ergebnisse gehofft.«

Der Betroffene Hans Roauer fragt: »Was will man zu einer solchen Einstellung noch sagen? Es sind 40 Jahre seit damals vergangen. Mir war leider klar, dass da nichts herauskommen wird. Für die damalige Staatsregierung ist die Einordnung als rechtsextremer Anschlag eine schallende Ohrfeige, für uns ist es nur eine kleine Genugtuung nach so langer Zeit.«

Auch die Betroffene Claudia Z. betont: »Nach über 30 Jahren, in denen alle Beweismittel vernichtet wurden, wundert es nicht, dass man nichts herausgefunden hat.« Dass die Behörden weiter an der Einzeltätertheorie festhalten, sei für sie frustrierend. Zu den gewalttätigen rechten Netzwerken, in denen sich der mutmaßliche Attentäter bewegte, gibt es bis heute eine Reihe offener Fragen. Welche Rolle sie für das Attentat spielten, ist weiterhin ungeklärt.

»Die Betroffenen der Oktoberfestattentates wurden lange Zeit vergessen, ihre Stimmen nicht gehört. Die Wiederaufnahme der Ermittlungen 2014 hat bei vielen alte Wunden aufgerissen und sie belastet. Vor diesem Hintergrund ist es für sie um so schmerzhafter, dass es keine neuen Erkenntnisse zu dem Anschlag gibt«, sagt Anja Spiegler, Beraterin bei Before.

Der Unterstützungsfonds, den die Stadt München 2018 bei Before eingerichtet und 2019 erneuert hat, ist eine wichtige Geste der Anerkennung. (…) Damit erkannte die Stadt nach 38 Jahren die extrem rechten Hintergründe des Oktoberfestattentates an, jetzt haben die Bundesbehörden endlich nachgezogen.

»Betroffene, Angehörige, Unterstützerinnen und Unterstützer haben sich intensiv dafür eingesetzt, dass der Anschlag vollständig aufgeklärt wird. Jahrzehntelang haben sie warten und kämpfen müssen, damit sie gehört werden. Jetzt ordnen auch die Behörden die Tat als extrem rechts motiviert ein. Zuvor haben diese den Anschlag viel zu lange entpolitisiert indem sie sich einseitig auf die psychologische Verfassung des Täters konzentrierten. Wie bei anderen extrem rechten Anschlägen, etwa dem Attentat am Olympia-Einkaufszentrum, haben die Behörden so den politischen Hintergrund der Tat ausgeblendet. Diese falsche Einordnung wurde nun endlich korrigiert«, erklärt Sigfried Benker, geschäftsführender Vorstand von Before.

Zur Einordnung der Tat durch die Behörden sagt die Betroffene Martinez: »Natürlich ist das Oktoberfestattentat ein extrem rechter Anschlag, was denn sonst? Da gibt es kein Vertun. Die Einordnung der Behörden ist eine reine Selbstverständlichkeit.«

Eine umfassende Entschädigung aller Betroffenen des größten rechtsterroristischen Anschlages in der Geschichte der Bundesrepublik steht jedoch weiter aus. Für diese braucht es eine Lösung, welche die Betroffenen in den Mittelpunkt stellt und alle Akteurinnen und Akteure – auch den Freistaat Bayern – in die Verantwortung nimmt.

https://www.jungewelt.de/artikel/381853.abgeschrieben-oktoberfestattentat-beratungsstelle-l%C3%A4sst-betroffene-zu-wort-kommen.html

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https://www.before-muenchen.de/

grüne Sprechblase aus dem LogoBEFORE ist die Beratungsstelle für Betroffene von rechter und gruppenbezogen menschenfeindlicher Gewalt und Diskriminierung in München. Wir unterstützen Betroffene, deren soziales Umfeld, sowie Personen, die Vorfälle bezeugen können.

Unser Angebot reicht von der Antidiskriminierungsarbeit bis zur Opferberatung.
Wir beraten kostenlos, vertraulich und unabhängig von staatlichen Behörden. Unser Team arbeitet sowohl in den eigenen Räumen als auch aufsuchend.

Wir unterstützen Menschen, die aufgrund (angenommener) Herkunft, Geschlecht, Religion/spiritueller Weltanschauung, ihrer zum Beispiel antirassistischen oder antifaschistischen Positionierung für gleichberechtigte Teilhabe und eine offene Gesellschaft, Behinderung, Alter, sozialem Status oder sexueller Identität Diskriminierung oder Gewalt erleben. Für sie treten wir auch im gesellschaftlichen Diskurs ein.

Als Schutzraum für Betroffene bietet die Beratungsstelle keinen Platz für Diskriminierung, Rassismus, rechte Ideologien und andere Formen der Abwertung.

Im Mittelpunkt stehen die Betroffenen. Wir unterstützen sie darin, ihre Rechte wahrzunehmen, die Folgen eines Angriffs oder einer Ungleichbehandlung zu bewältigen und Handlungsspielräume für sich zu gewinnen.

Darüber hinaus bietet BEFORE Bildungsarbeit an.

Gemeinsam mit dem „kommunalen Netzwerk gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ dokumentieren wir Vorfälle und Übergriffe in der München-Chronik.


Das Handeln der Staatsanwaltschaft damals, die Verstrickungen der Geheimdienste und militärischer Sprengstall, das spätere Wissen um die geheimen (und NATO-) Kommandos der Nachkriegszeit, GLADIO, die Faschisten in Italien und die Anschläge der Käse-Schachteln- Stille Hilfe in Südtirol, das alles würde die Bevölkerung sehr verunsichern. Postfaschismus wirkt in der Justiz bis heute. Unbeweisbar.

Dazu das Treiben des verheimlichten Staatsschutzes unserer Polizei: Linke Nachbarn als Reichsbürger denunzieren?

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