„Weil doch einmal Blut fliessen muss, bevor wieder Ordnung kommt“
Erzbischof Faulhabers Krisendeutung in seinem Tagebuch 1918/19

Antonia Leugers:  „Es sei gar nicht so schlimm“, tröstete der 28-jährige Sekretär Alfons Ammer den Münchner Erzbischof am 13. November 1918, „die Kirche würde dann geistig um so freier werden. Die Regierung sei auch nicht so schlimm […].“ Michael von Faulhaber notierte Ammers moderate Lagebeurteilung nach der Revolution verwundert in sein Tagebuch, denn die Nacht vom 7. auf den 8. November hatte der 49-jährige Faulhaber sogar als die „schrecklichste Nacht meines Lebens“ gewertet.
 
Am nächsten Tag versuchte er seinen Zustand näher zu umschreiben: „Es ist mir nun immer, als ob man mir mit einem Prügel auf den Kopf geschlagen hätte, und das Herzklopfen […] ist nicht besser geworden.“ Noch am 10. November hatte er nachts „keine halbe Stunde geschlafen“ und „seit dreiTagen nichts mehr richtig gegessen. […]
 
Es ist mir immer, als ginge ich über ein Brett, das über einen Abgrund gelegt und schwankt.“ Er kam nicht zur Ruhe. Die am 11. November bekannt gegebenen  Waffenstillstandsbedingungen wirkten auf den Feldpropst der bayerischen Armee „wie ein Hammerschlagauf den Kopf.“5 Und nun wollte ihn dieser Sekretär ausgerechnet damit trösten, dass alles nicht so schlimm sei! Faulhaber hingegen fühlte sich brutal verletzt und ohne festen Boden unter den Füßen.” „Weil doch einmal Blut fliessen muss, bevor wieder Ordnung kommt“ Erzbischof Faulhabers Krisendeutung in seinemTagebuch 1918/19 | Leugers | theologie.geschichte Beihefte (theologie-geschichte.de) DOI: https://doi.org/10.48603/t.g.v0i7.612
 
Hatte der Kardinal das auch den Studierenden in der Rhaetia gesagt, und damit den “Grafen” Anton Arco auf Valley zur Tat aufgefordert? 
Die Propaganda-Lüge der Dolchstoß-Legende hatte, verbreitet über Kardinal Faulhaber und in der Burschenschaft Rhaetia, in der Thule-Gesellschaft und deren Vorträgen und allen Münchner Zeitungen, sicher mitgewirkt, und die Rhaetia hatte vor einigen Jahren noch stolz die Mordtat auf ihrer Website, und weil sie als bayrisch-katholische Burschenschaft dem Kardinal zugeordnet ist, hat sie sicher seine Empfehlung ernst genommen. 
 
Die Adelstitel waren mit der neuen Verfassung abgeschafft, aber der Militarismus mit seiner damals weitgehenden adeligen Führung hielt sich natürlich nicht daran, fühlte sich von dem “dahergelaufenen Juden und Bolschewisten” in der Ehre gekränkt, dazu hetzte die bürgerliche Presse, er habe seine ostjüdische Verwandtschaft in Ämter gesetzt und etliche Lügen mehr, er heiße in Wirklichkeit Kosmanowski etc …

Den Menschen der Jahre 1919 sagte Kurt Eisner weit mehr, als wir heute wissen:

Der langjährige Redakteur des Vorwärts hatte ja zuerst auch noch der Propaganda geglaubt, dass Russland hinter dem Ausbruch des Krieges stand, weil sie mit Serbien verbündet waren, und die ganze komplizierte Geschichte der Bünde und Verträge und Nichtangriffs-Pakte verwirrte unserEisner-Portrait-Marienhofe pubertären Gehirne und machte die Geschichte des Adels und der Könige, dann auch der Politiker unheimlich kompliziert.

Dabei wusste damals jeder halbwegs gebildete, und es stand ja auch in den Zeitungen: Der Kaiser ließ seit Jahren aufrüsten, eine Flotte bauen, dafür gab es extra eine Sektsteuer (die es bis heute gibt), um den Beitrag der national Denkenden reichen Deutschen einzusammeln.

 

Es sollte um Kolonien gehen, kirchlich gesprochen, um „Mission“ der Heidenkinder, und es ging schon mit unvorstellbaren Verbrechen gegen „die Wilden“ und „unseren Helden“ wurden bis heute stehende kaiserliche Denkmäler errichtet.

Kurt Eisner hatte aber durch die damaligen Pressedienste mehr erfahren, und die Ermunterungen zum Krieg durch die Diplomatie kennen gelernt: Ab da war er gegen die Zustimmung zu weiteren Kriegskredite und 1917 bei der Gründung der USPD, aus der sich später die Spartakisten abzweigten.Eisner-Mordstelle-Bodendenkmal, im Hintergrund die Frauentuerme

Gedenken an Kurt Eisner:

Di 21. Februar 2023 um 11 Uhr

am Ort seiner Ermordung in der Kardinal-Faulhaber-Straße

– am Ort seiner Ermordung – an Kurt Eisner, der u.a. sehr für die Beendigung des 1. Weltkrieges gekämpft hat. Michaela Dietl wird uns mit Friedensliedern begleiten.

Zur Veranstaltung haben wir heute eine Presse-Erklärung veröffentlicht, die wir Euch hier schicken:

 Die Waffen nieder!

Feuilletonisten werden schreiben: « …schön, dass es sie gab, die Suttner, den Remarque, den Borchert ». Oder « Menschen wie den Kurt Eisner…. ». Aber heute, in die Wendezeit, da passt das nicht mehr so recht. Pazifismus geht nur noch bewaffnet. Pazifistische Waffen, die Frieden schaffen.

Der wahre Pazifist sitzt heute im Leopard. Und überhaupt, die haben ja angefangen. Vorher war doch alles friedlich und schiedlich. Zumindest vor der Haustüre. Meistens wenigstens. Und die Pazifistin für Kriegsdiplomatie wusste schon, was auf sie zukommt. Sie trug Kriegsmode, bevor er überhaupt richtig los ging. Bravo! schreit die atlantische Brückenpresse, sowas stottert unbedarft sein Credo, gelernt in Engelland.

 

Der, die, das Pazifist weiß heute endlich, was gut und böse ist. Das goldene Kalb im Westen und der blutige Bär im Osten, hie Glückskind, da Oligarch und hinter den sieben Bergen die Chinesen. Das geht nicht gut, das musste ja krachen. Nicht zwischen oben und unten, sondern zwischen denen und uns.

Nichts geht gut, auch links nicht und grün schon gleich gar nicht. Die Melnykisierung kennt keine Parteien mehr, nur noch Brandherde, die mit Treibstoff gelöscht werden wollen. Keine Angst, sowas überschreitet keine Grenzen und dem Merz ist vor Atomarem nicht bange. Eigentlich ein Manöver in Echt. Und jeder kann mitreden bis hinein in die letzte Schraube des abwehrerprobten Patrioten.

 Die Waffen nieder? Das ist Kriegshetze, der Spruch der fünften Kolonne Putins. Erst wenn der vor ein Kriegstribunal gezerrt wird, das die friedfertigen Amis nie anerkennen wollten, wird verhandelt, wo gelöscht und wo aufs Neue gezündelt wird.

Kurt Eisner, wir gestehen am Jahrestag Deiner Ermordung, es ist wieder einmal zum Kotzen. Aber es gibt sie schon noch, die sich an Dich erinnern und in die Zukunft mitnehmen, dann, wenn sie wieder abflaut, wenn es uns gelingt, sie einzudämmen, diese Welle der Panzerpazifisten.

Übrigens schreibt Heribert Prantl in seiner Kolumne am 10. Februar 2023: „Das Wort Frieden und der Aufruf zu Verhandlungen ist aber keine Distanzierung von der Ukraine, sondern eine Distanzierung vom Krieg“.

Herzliche Grüße, Das andere Bayern e.V. www.dasanderebayern.de

Du darfst mich gern verfolgen ...