Die Meinungsfreiheit ist in Gefahr
Der Münchner Stadtratsbeschluss und seine Folgen
Mi. 26. Juni, 19 Uhr, Freiheizhalle
Rainer-Werner-Fassbinder-Platz 1, (S-Bahn Donnersberger Brücke)

Podiumsdiskussion mit:
Andreas Zumach,
Korrespondent u.a. der Tageszeitung „taz” bei den UN in Genf
Nirit Sommerfeld, Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern
Peter Vonnahme, Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof i.R.
Ein Mitglied des Stadtrats, das für den Beschluss stimmte (angefragt)
Moderation: Lothar Zechlin, Prof. für öffentliches Recht, UNI Duisburg-Essen

Eine Diskussion, für die München städtische Räume verweigert

Veranstaltungen über die völkerrechtswidrige israelische Besatzungs- und
Siedlungspolitik sind in München kaum mehr möglich. Grund dafür ist der
Stadtratsbeschluss vom 13.12. 2017, der die Vermietung aller städtischen oder
städtisch geförderten Räume für Veranstaltungen untersagt, wenn dort die
Rede auf die Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestment, Sanktionen)
kommen könnte.

BDS ist eine internationale Bewegung, mit dem Ziel die Besatzung Palästinas zu beenden. Obwohl die Bewegung den Staat Israel nicht in Frage stellt und nur gewaltlosen Druck auf die israelische Regierung ausüben will, wird BDS in vielen Medien und in der Öffentlichkeit häufig als antisemitisch bezeichnet.

Schon vor der Verabschiedung des o.g. Stadtratsbeschlusses wurden der
Humanistischen Union Räume im Gasteig für die Verleihung ihres Preises „Aufrechter Gang“ an Judith und Reiner Bernstein verweigert. Kürzlich untersagte Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD) dem EineWeltHaus die Vorführung des Films „Broken“ über die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs gegen die israelische Mauer.
In diesem Fall konnten die Veranstalter, nur weil bereits ein gültiger Vertrag vorlag, die Vorführung gerichtlich erzwingen.
Selbst über den umstrittenen Stadtratsbeschluss darf in städtischen Räumen nicht mehr diskutiert werden. Das Stadtmuseum lehnte es vor einigen Monaten ab, seinen Saal für eine solche Diskussion zu vermieten. Das städtische Raumverbot hat zusätzlich zur Folge, dass auch die Anmietung privater Räume immer häufiger verweigert wird.

Wir wollen uns das Recht, über Meinungsfreiheit und ihre Grenzen zu diskutieren, vom Münchner Stadtrat aber nicht nehmen lassen. Für die Veranstalter steht der Stadtratsbeschluss in klarem Widerspruch zu den Grundrechten auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit!

Veranstalter:
Humanistische Union Bayern / Freidenkerverband München /
Münchner Bündnis für das Recht auf freie Meinungsäußerung
Unterstützt von:
Sozialforum München,
Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern,
Münchner Friedensbündnis,
Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus.

Eintritt frei, um Spenden wird gebeten.

Weitere Artikel zu Apartheid und den politischen Auseinandersetzungen um religiösen Rassismus in Israel und nun auch wieder in Täuschland folgen unten …

Videointerview: Widerstand gegen das Verbot von linksunten.indymedia

Ein Brief

von Helmut Suttor an den Vorsitzenden der Stadtratsfraktion Die Grünen-Rosa-Liste  Dr. Florian Roth (und an die Fraktion) analysiert anlässlich eines erneuten Raumverbotes im EWH den Stadtratsbeschluss und stellt kritische Fragen zum Selbstverständnis und zur Abstimmung der Fraktion. Hier nur einige kurze Zitate aus dem insgesamt lesenswerten Brief:

„[….]  Können Sie mir mitteilen was die Grünen zu Zustimmung bewogen hat. Schließlich haben Sie im Oktober 2017 in diesem Kontext noch vor einer Gefährdung der “politischen Kultur” gewarnt. [1] Auf der Homepage Ihrer Fraktion finde ich keinen Beitrag, der nachvollziehbar macht, wieso Sie trotzdem zugestimmt haben. Genau genommen gibt es überhaupt keinen Beitrag, der sich danach noch einmal mit dem Thema beschäftigt – wenn ich nichts übersehen habe? […]

In einer Zeit, in der die offizielle Nahostpolitik der Bundesregierung nur noch auf Fiktionen beruht (Zweistaatenlösung), weil die israelische Regierung schon seit Jahren in Wort und Tat Belege dafür liefert, dass sie nicht im Traum daran denkt, dieses Konzept umzusetzen, erklärt die Stadt München ihren Verantwortungsbereich zur diskussionsfreien Zone.

Die Diskussionstabus der selbsternannten Israelfreunde werden für den Rest der Stadt verbindlich gemacht in einer Situation, in der durch die Entwicklung in Nahost der Diskussionsbedarf für jeden sichtbar gestiegen ist.

Sie bekämpfen nicht den Antisemitismus, sondern beteiligen durch die BDS-Beschlüsse landauf, landab an der Vervielfältigung der politischen und moralischen Orientierungslosigkeit der deutschen Nahostpolitik. […]

Auch wenn man das Argument, die Meinungs- und Informationsfreiheit in München würde durch den Stadtratsbeschluss nicht beeinträchtigt, weil er sich auf städtische Einrichtungen beschränkt, einen Moment lang gelten lassen wollte:

Es erweist sich sofort als lausige Legitimationsfassade, wenn man weiß, dass auch Veranstaltungen in Einrichtungen jenseits des städtischen Bereichs verhindert werden.

Der Stadtratsbeschluss begünstigt offensichtlich ein Klima der Denunziation, wie sich am Beispiel einer Veranstaltung zeigen lässt, die in der  die Augustiner-Gaststätte Rumpler in München geplant war. […]

Kurz vor Veranstaltungsbeginn erreichte die Wirtin der Gaststätte eine im Übrigen anonyme Mail der „Münchner Bürger gegen Antisemitismus und Israelhass“ (MBAI), die gleichzeitig an die lizensierende Augustinerbrauerei verschickt wurde .[2] […]

Ökonomische Abhängigkeitsverhältnisse zu instrumentalisieren, um politische Debatten zu unterbinden bzw. politische Gefügigkeit zu bewirken, ist ein typisches Element totalitärer Verhältnisse, unvereinbar mit der politischen Kultur in einer Demokratie.

Die Dummdreiste Denunziation genügte, um Meinungs- und Informationsfreiheit einzuschränken. Diese Zustände haben die Grünen mit zu verantworten, ein bemerkenswerter Beitrag zur politischen Kultur Münchens.[…] 

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass mit den Denk- und Argumentationsgewohnheiten der Antisemitologen unter Anwendung des Prinzips der “Kontaktschuld” (Micha Brumlik)[3] und durch Ersetzung des Begriffs “Antisemit” durch “Rassist”  in Nullkommanix “beweisbar” ist, dass die selbsternannten Israelfreunde allesamt Rassisten sind, weil sie mit dieser Methode in einen assoziativen Zusammenhang zu einer Politik gebracht werden können, die entlang ethnischer Kriterien diskriminiert? 

Durch diese Methoden ist die Debattenkultur zum israelisch-palästinensischen Konflikt auf den Hund gekommen. Fake-News und persönliche Herabsetzung dominieren, es geht nicht mehr um eine Auseinandersetzung zwischen Menschen mit unterschiedlicher Meinung, sondern um einen Propagandakrieg gegen Feinde.

Der von Ihnen mitgetragene Stadtratsbeschluss begünstigt diese Kultur, er treibt das Prinzip der Kontaktschuld auf die Spitze, indem er dieses nicht nur auf Personen, sondern auch auf Themen anwendet. […]“

 

Als Nachtrag zur internationalen Kritik

an der Anti-BDS-Resolution der Bundestagsmehrheit vom 17. Mai 2019 wird nun noch die Stellungnahme von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern dokumentiert. Unter ihnen finden wir viele, die auch hierzulande bekannt sind Prof. (emeritus) Avi Shlaim, Avraham Burg, Dr. Brian Klug, Dr. Elizabeth Freund, Prof.Eva Illouz, Prof. Judith Butler, Prof. em. Moshé Machover  Prof. em. Moshe Zimmermann, Prof. em. Moshe Zuckermann, Prof. em. Noam Chomsky,. Prof. Nurit Peled-Elhanan, Prof. (emeritus) Richard Falk,. Prof. (emeritus) Rolf Verleger, Dr. Sara Roy,.Dr. Shir Hever,.Prof. (emeritus) Shlomo Sand …

Auf Initiative von Prof. Amos Goldberg, Ordinarius für Jüdische Geschichte an der Hebräischen Universität Jerusalem, erklären 240 jüdische und israelische Akademiker:

“Die Meinungen zu BDS gehen unter den Unterzeichnern dieses Aufrufs erheblich auseinander … Wir alle lehnen jedoch gleichermaßen die trügerische Behauptung ab, BDS sei als solches antisemitisch, und wir bekräftigen, dass Boykotte ein legitimes und gewaltfreies Mittel des Widerstands sind.”

„[…]  Aus all diesen Gründen lehnen wir, jüdische und israelische Wissenschaftler, den Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen ab.

Nach dem Bundestagsbeschluss fordern wir nun die Bundesregierung auf, diesem Antrag nicht zu folgen und BDS nicht mit Antisemitismus gleichzusetzen.

Vielmehr muss die Bundesregierung ihrer positiven Verantwortung zur Förderung und zum Schutz der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit nachkommen.

Darüber hinaus rufen wir die Bundesregierung dazu auf, ihre direkte und indirekte Finanzierung israelischer und palästinensischer Nichtregierungsorganisationen aufrechtzuerhalten, die der israelischen Besatzung friedlich entgegenwirken, schwere Verstöße gegen das Völkerrecht aufdecken und die Zivilgesellschaft stärken.

Diese Organisationen verteidigen die Prinzipien und Werte, die das Herzstück der liberalen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland und andernorts bilden. Sie brauchen mehr denn je finanzielle und politische Unterstützung.[…]

https://de.scribd.com/document/412474418/Aufruf-von-240-Judischen-und-Israelischen-Wissenschaftlern-an-die-Bundesregierung-zu-BDS-und-Antisemitismus

Ich freue mich auf eine spannende Podiumsdiskussion in der Freiheizhalle am 26. Juni, 19 Uhr!

Du darfst mich gern verfolgen ...