BucheWas uns heute als AfD, Pedgida und seltsam gemischte hetzerische Internet-Gruppen zwischen Lügenpresse und Reichsbürgern, “besorgten Bürgern” und schräg sozialisierten Migranten begegnet, hat tiefe Wurzeln in der militaristischen Propaganda vor 100 Jahren.

Europäischer Krieg

engelstreppenhatte Franz Marc den “ersten Weltkrieg” genannt, und ich werde seine Bezeichnung übernehmen. Es war ein Krieg, der in der damaligen diplomatischen und militärischen Welt ersehnt und herbei geführt worden war, zwischen allerlei Abkommen stand der geheime Plan des Herrn Schlieffen seit 1890, den so erfolgreichen Krieg von 1870 / 71 gegen Frankreich zu wiederholen.

Da die Franzosen von den deutschen Ideen wussten und sich mit soliden Festungen den Rhein entlang zu schützen begannen, plante Schlieffen den Einbruch durch Belgien, das von den Franzosen nicht gefürchtet wurde. Zwar Völkerrechtswidrig, aber das ist wie mit UN-Koventionen bis heute, wenn sie z.B. Israel betreffen.

Wichtigster Teil der Propaganda im eigenen Land war: Wir sind angegriffen worden! Wie 9/11 etc … dessen dritter Hauseinsturz des WTC7 aktuell immer wieder als Beleg gilt: Welche Presse ist bereit, sich damit auseinanderzusetzen? Die NATO-Propaganda hat eine Gleichschaltung erzeugt, wie 1914 ff: Verteidigung des deutschen Vaterlandes, Weihnachten seid ihr wieder zu Hause …

NIKEWeihnachten wurde immer weiter zur Kriegspropaganda, auch im zweiten Europäischen Krieg: Deutsche Soldaten in aller Welt unter dem Tannenbaum … bereiteten einen Kultur-Chauvinismus, ein christlich-missionarisches und nationales Überlegenheitsgefühl, das heute den Geflüchteten aus islamischen Ländern entgegen schlägt: Unser vermeintliches Familien-Geschenke-Fest ist neben Coca-Cola-Propaganda die romantische Selbst-Versicherung unserer Winter-Monate, die sich nun im Klima auflöst.

Nach dem Krieg war vor dem Krieg

Kurt Eisner wurde ermordet, weil er die deutsche Kriegsschuld in internationalen Verhandlungen offenbarte, die Versailler Verträge wurden zum Brennstoff des rassischen Faschismus, der den Juden und den Marxisten mit der Dolchstoß-Legende die Schuld zu schob:

Das Deutsche Heer wäre im Felde ungeschlagen, doch die bösen Revolutionäre in der Heimat …

Die SPD war, nach dem sie den Friedensgedanken vor allem in ihren männlichen Kreisen schnell dem nationalen Krieg geopfert hatte, bald zur wichtigen Kriegs-Partei geworden: Die Arbeitenden hätten in den Rüstungsbetrieben nicht so lange durchgehalten, hätten früher gestreikt als erst im Februar 1918 …

Antisemitismus, Thule-Gesellschaft und Deutsch-National

TURMDie zündende Mischung für Hitlers Auftritt war schwarz-braun, wie vielen in bayrischer ReGierung weiter wirkt: Autoritär, fromm, brutal, bodenständig: Die SA war ein schnelles Produkt der Saal-und Straßenschlachten, der frommen Erziehungsgedanken und der neuen rassischen Gesundheitslehre,

Die Hoffnung auf den starken Mann

ist ein reaktionäres Grundmuster der petzenden Kinder, die sich einen Vorteil beim Papi, bei der Mami, bei der Lehrkraft gegen Geschwister oder Mitschüler erhoffen.

Der Hoffnung auf eine andere Regierung, auch durch großsprecherische national-tümelnde Parteien, wird durch eine immer breitere Bewegung von im letzten Jahr noch ganz  vernünftig denkenden Leuten das hetzende Feuer gegeben, das aus einer Mischung von „Lügenpresse“-Geschrei und „Merkel muss weg! und „Gabriel ist ein Betrüger“ besteht und durchaus einzelne vernünftige Anteile enthält, wo sich Schnittmengen gegen TTIP und Gabriel, gegen Hartz4-Sanktionen etc. immer finden lassen.

Die Pegida ist von Mutti enttäuscht

dass sie in den Menschenrechten nicht völkisch denkt, dass sie nicht in nationalen Kategorien funktioniert … denn NATO-Strategien kommen maximal als Verschwörung der gezielten Überfremdung des armen Deutschland vor. Die Situation der Geflüchteten wird selten grundlegend gesehen: Dass unsere reichen Länder in den Zahlungen an die UN-Flüchtlingswerke so lange gespart hatten, bis dort jedeR das Gefühl hatte, den Kindern das Letzte weg zu essen … für UNSERE SCHWARZE NULL!

Esotherische Reinheitsmythen

laufen auch heute ganz schnell in die rassistischen Äußerungen, nicht nur bei Frau Steinbach, und die Blond- und Blauäugig-Ideologie ausgerechnet derer, die alles andere als blond und blauäugig waren, aber entsprechende Kerls und Schläger verehrten …

und auch Franz Marc hatte sich in die seltsamen Reinigungs-Mythen des Europäischen Krieges vermittels Offiziers-Uniform und totschießen möglicher französischer Freunde verleiten lassen, was einer seltsamen Todessehnsucht ähnlich kommt.

Strafe und Vergeltung

sind zentrale Grundlagen des Autoritären Systems, in dem sich Kirchen und Militärs, Monarchen und Besitzbürgertum einig sind: Es muss bestraft und gerächt werden, der Sadismus verkleidet sich in Standpauken und Strafgerichte, statt auf Ausgleich und Versöhnung zu achten. Entsprechend unfähig ist das Denken von Ausgleich durch gerechte Steuern und Abgaben,

Die Treue zum Kaiser blieb,

denn die Fähigkeiten des Um-Lernens sind vor allem dem Autoritären Charakter schwer zugänglich: Die Revolution hatte, beginnend in Kiel mit dem Aufstand der Matrosen am 4.11.1918 gegen eine letzte tödliche Seeschlacht sich auf das ganze Land ausgebreitet, in dem sich in den Arbeiterräten und zurück gekommenen Soldatenkreisen und den vom Krieg ausgenommenen Bauern viele regionale Räte bildeten, inspiriert von den russischen Selbstorganisationen der Sowjets.

Die Revolution hatte mit der Monarchie auch die Vorrechte des Adels abgeschafft, was für die Soldaten hieß, dass die verhassten Vorrechte der Offiziere, besser Kost und Unterkunft im verheerendsten Kriegstreiben, zu Ende waren. Nicht so für die Kreise selbst, die sich organisierten: Nun als studierende Burschenschaften, zu denen 66% der Münchner Studenten gehörten.

Justiz-Presse-PolitikDie alten Machtverhältnisse, Sprüche, Gepflogenheiten werden wiederholt, bis zum Erbrechen …

Graf Arco, der Eisner-Mörder, wird von Polizei und Gericht als Einzeltäter hingestellt, das Muster, das sich beim Oktoberfest-Attentat und bei den NSU-Morden wiederholt, wo die Geheimdienste nicht wollen, als Mitbetreibende gesehen zu werden.

 

Die Thule-Gesellschaft: Vom okkulten Mummenschanz zum Hakenkreuz

Vortrag Mi 16. März 2016 um 19 Uhr mit Hermann Gilbhard

München 1918/19: Im Luxushotel „Vier Jahreszeiten“ hat die antisemitische „Thule-Gesellschaft“ Räume gemietet. Hier bringt sie auch die Redaktion ihrer Zeitung „Münchener Beobachter“ unter, die später unter dem Titel „Völkischer Beobachter“ an die NSDAP verkauft wird.

Nach dem Sturz der Monarchie in Bayern wird die Gesellschaft zum Zentrum der Gegenrevolution. Im Kampf gegen die Republik und später gegen die Münchner Räterepublik wirkt sie auf völkisch-nationale Kreise wie ein Magnet auf Eisenspäne. So gründet die Thule-Gesellschaft das „Freikorps Oberland“.

Als in München sieben Thule-Aktivisten von Rotgardisten erschossen werden, wird in ganz Deutschland die Nachricht vom „Geiselmord an unschuldigen Bürgern” verbreitet. Nach Zerschlagung der Münchner Räterepublik Anfang Mai 1919 werden die Weichen neu gestellt. Bayern entwickelt sich zur Ordnungszelle der nationalen Rechten und zum Aufmarschgebiet der Nationalsozialisten. Aus dem liberalen München der Vorkriegszeit wird die „Hauptstadt der Bewegung“.

Hermann Gilbhard stellt in seinem Vortrag dar, welch wichtige Vordenkerrolle die Thule-Gesellschaft für die NSDAP spielte. Dabei räumt er mit den Legenden aus der esoterischen Szene auf, wonach der Okkultismus das politische Wirken der Thule maßgeblich beeinflusst habe. Und er leistet auch einen wichtigen Beitrag in der aktuellen Diskussion zum Thema Rechtsextremismus, da die Ideologie der Thule mit dem „Dritten Reich“ nicht untergegangen ist.

Hermann Gilbhard, Absolvent der Hochschule für Politik München, ist seit vielen Jahren als Journalist für den Bayerischen Rundfunk tätig.

Ort: NS-Dokumentationszentrum München, Auditorium, Eintritt frei.

Veranstalter: NS-Dokumentationszentrum München in Zusammenarbeit mit dem Archiv der Münchner Arbeiterbewegung

Mit einer Anmeldung: per Email sichern Sie sich einen Sitzplatz: veranstaltungen.nsdoku@muenchen.de  <- Zurück zu: Details

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