Auch der hessische Generalstaatsanwalt war angreifbar, und erpressbar war in den 1960er Jahren jeder Schwule, der erwischt werden konnte, mit einem halben Jahr Gefängnis war Ehre und Job verloren. Seine Bemühungen, die Nazis in den Ämtern und in diversen Ländern zur Verantwortung für ihre Taten zu ziehen, mussten auf mehrere Arten scheitern:

Alle Dienste des jungen Staates waren, bis zum Kanzleramtsminister Globke, wieder mit Nazis durchsetzt, weder Ärzte, noch Richter, noch Polizei und Kriminalämter waren wirklich an Aufklärungen interessiert, weil überall alte Volksgenossen zu schützen waren.

Bis heute zieht sich die braune Spur durch Geheimdienste, den dunklen Staat mit brauner Spur in Drogenhandel und Kindesmissbrauch, der auch in der NSU beharrlich verschwiegen wird. So unsagbar wie damals die Homosexualität …

Der Kinofilm, in München im CITY in der Sonnenstraße, ist sehr zu empfehlen, ein bedächtig-gemächlicher Film, der sehr einfühlsam die damalige Zeit wieder spiegelt: Nicht nur zahlreiche alte Autos und Gebäude, Anzüge und eine nette Musik-Kneipe: Kokett!

Was allerdings fehlte: der Hinweis auf die bisherigen Fritz-Bauer-Filme, denn er hatte immer schon gute Künstler-Freunde:

In der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1968 starb Fritz Bauer in seiner Wohnung in Frankfurt am Main. Der noch in der Vorbereitungsphase stehende große Prozess gegen die Schreibtischtäter der „Euthanasie” fand nie statt. www.fritz-bauer-film.de/ge/index.htm

Die Ausgegrenzten, Teil 3:

Vom Außenseiter zum Staatsfeind – Homosexualität im Nationalsozialismus in München

Vortrag von Albert Knoll Mi 7. Oktober, 19.00 Uhr, anmelden

Bereits vor 1933 wurden homosexuelle Männer auf Grundlage des § 175 verfolgt und gerade Bayern erwies sich in den 1920er Jahren als besonders restriktiv. Die Nationalsozialisten brachten mit ihren Verboten ab 1933 die homosexuelle Infrastruktur (Vereine, Zeitschriften, Treffpunkte, aber auch die Forschung) weitgehend zum Erliegen. Sie erhöhten den Verfolgungsdruck erheblich, führten Großrazzien durch und verschärften die gesetzliche Grundlage im Jahr 1935.

Mehr als 50.000 Männer wurden im Deutschen Reich nach § 175 angeklagt und in Gefängnisse und Zuchthäuser gebracht, viele kamen in die Konzentrationslager, wo Tausende starben. Schließlich wurden Homosexuelle zu Staatsfeinden erklärt, da sie nicht zur gewünschten Bevölkerungsvermehrung beitrugen.

Die Einmischung des Staates in das Privatleben seiner Bürger fand nach 1945 seine Fortsetzung, denn der § 175 bestand in der verschärften Form bis 1969 weiter. Eine Entschädigung haben die allermeisten der Verfolgten nie erhalten.

„Vom Außenseiter zum Staatsfeind“ ist der dritte Teil der Veranstaltungsreihe „Die Ausgegrenzten“, die sich mit Gruppen beschäftigt, die von den Nationalsozialisten aus der „Volksgemeinschaft“ausgestoßen und verfolgt wurden.

Albert Knoll studierte Geschichte und Germanistik in München. Er ist Archivar an der KZ-Gedenkstätte Dachau und Vorsitzender des Vereins „Forum Homosexualität München e.V. – Schwule und Lesben in Geschichte und Kultur“. Knoll forscht seit über 20 Jahren zur Geschichte der Homosexuellen und hat das Thema Homosexuellenverfolgung in zahlreichen Vorträgen, Stadtführungen und Publikationen behandelt.

Robert Hültner gilt als Meister des historischen Kriminalromans.

Er liest aus seinen „Inspektor Kajetan“-Büchern, die das politische und gesellschaftliche Klima in München zwischen den Weltkriegen schildern (14.10.).

Am 17.10. nimmt das NS-Dokumentationszentrum an der „Langen Nacht der Museen“ teil: http://www.muenchner.de/museumsnacht/

Über den „Widerstand der Arbeiterbewegung in München 1933–1945“ spricht Prof. Dr. Ludwig Eiber (21.10.).

Und ganz besonders freuen wir uns auf das Konzert und Zeitzeugengespräch unter dem Titel „Wie ein Abgesang aus Theresienstadt“: Das Shalom-Ensemble spielt Werke von Komponisten aus Theresienstadt und Helga Pollak-Kinsky liest aus ihrem „Theresienstädter Tagebuch“ (28.10.).

Weitere Informationen zu den Veranstaltungen im Oktober finden Sie weiter unten oder auf unserer Internetseite http://www.ns-dokumentationszentrum-muenchen.de/veranstaltungen

Du darfst mich gern verfolgen ...